PNN v. 2008-11-14: Teilerfolg für die Stadt Teltow: Gerichtsurteil zum einst jüdischem Eigentum
Teltow/Potsdam - Im Rechtsstreit um die Rückübertragung früheren
jüdischen Eigentums in Teltow-Seehof hat die Stadt Teltow gestern beim
Potsdamer Verwaltungsgericht einen Teilerfolg erzielt. Geklagt hatte
die Stadt in acht Fällen gegen Bescheide des Bundesamtes für offene
Vermögensfragen, wonach mehrere Wald- und Grünflächen den Erben der
einstigen jüdischen Eigentümer zustehen würden. Der Wert der Flächen –
gestern ging es konkret um vier Hektar – wird auf einen zweistelligen
Millionenbetrag geschätzt. Mit sechs dieser Klagen hatte die Stadt
gestern Erfolg. Das Gericht hob die Bescheide des Bundesamtes auf. Die
Erben der jüdischen Familie Sabersky hatten die Absicht, die
betreffenden Areale teils als Bauland ausweisen zu lassen. Dagegen
möchte die Stadt die Flächen als Grünanlagen erhalten.
Das
Gericht folgte jetzt der Argumentation der Stadt Teltow, wonach die
Erben in den genannten Fällen keinen Anspruch auf eine Rückübertragung
haben. Die Flächen waren 1934 von der Erbengemeinschaft Sabersky im
Zuge eines sogenannten Aufschließungsvertrages an die Stadt übertragen
worden. Im Gegenzug gewährte die Stadt der Erbengemeinschaft damals
Baurecht auf Ackerflächen. Damit habe es für die Flächen eine
angemessene Gegenleistung gegeben. Verfolgungsdruck habe bei
Vertragsabschluss noch keine Rolle gespielt, so das Argument der Stadt.
In der aktuellen Rechtsprechung zu Rückübertragungen wird
grundsätzlich zwischen Frühverträgen aus der Zeit vor 1935 und
sogenannten Spätverträgen nach 1935 entschieden. Wurde bei den
Frühverträgen ein angemessener Verkaufspreis erzielt, über den die
jüdischen Eigentümer auch verfügen konnten, seien sie als rechtskräftig
zu betrachten, erklärten die Anwälte der Stadt. Gleiches gelte für
angemessene Gegenleistungen. Bei Verträgen nach 1935 wird indes meist
von einem sehr hohen Verfolgungsdruck ausgegangen, der eine
Rückübertragung des jüdischen Eigentums rechtfertigt. Die Anwälte der
Sabersky-Erben argumentierten indes, dass auch der
Aufschließungsvertrag im Jahr 1934 bereits unter dem Druck der
Nationalsozialisten zu Lasten der Erbengemeinschaft geschlossen wurde.
Somit profitiere die Stadt Teltow noch heute von dem einstigen Unrecht
und versuche jetzt, eine Wiedergutmachung zu verhindern, hieß es.
Bei dem Gesamtkomplex in Teltow-Seehof handelt es sich um eines der
größten Restitutionsverfahren in Ostdeutschland. Die frühere
Eigentümer-Familie Sabersky hatte 1933 einen Maklervertrag zur
Parzellierung des insgesamt rund 84 Hektar umfassenden Gutes Seehof
geschlossen. Bis 1940 wurden rund 1000 Ackerparzellen als Bauland an
Siedler verkauft. Etwa ein Viertel der Gesamtfläche wurde an die Stadt
Teltow zur Nutzung als Gemeinwohlfläche abgetreten.
Lange war
strittig, inwieweit die jüdischen Besitzer ihre Grundstücke in der
NS-Zeit freiwillig oder unter Druck verkauft hatten. Im Jahr 2003
entschied das Bundesverwaltungsgericht die Rückübertragung Seehofer
Parzellen an die Sabersky-Erben. Dies sei jedoch nur für Flächen
bedeutsam gewesen, die ab 1935 veräußert wurden, hieß es gestern
seitens des Verwaltunggerichtes.
Aus diesem Grund sind gestern
auch zwei der acht Klageverfahren der Stadt Teltow vertagt worden. Hier
soll geklärt werden, ob die Übergabe erst nach 1935 besiegelt wurde. In
vier weiteren Fällen haben gestern Privatpersonen aus Seehof gegen die
vom Bundesamt verfügte Rückübertragung ihrer Siedlungsparzellen an die
Sabersky-Erben geklagt – überwiegend ohne Erfolg. Nur ein Fall wurde
vertagt. Kirsten Graulich/Hagen Ludwig