PNN v. 2007-08-08
Stahnsdorf - Das Beethovenwäldchen in Stahnsdorf wird aller Voraussicht
nach nicht unter Schutz gestellt. Der Antrag einer Bürgerinitiative,
das von Potsdamer Straße, der Friedensallee sowie der Beethoven- und
Tschaikowskistraße umrahmte Areal als Erholungswald auszuweisen, wird
von den zuständigen Behörden keine Zustimmung erhalten. Nach
PNN-Informationen hat die Untere Forstbehörde in Belzig abgelehnt, die
etwa ein Hektar große Fläche zum geschützten Waldgebiet zu erklären.
Das für Forstpolitik zuständige Referat des Landesumweltministeriums,
die letztlich entscheidende Behörde, wird der Empfehlung aus Belzig
folgen. „Ich glaube nicht, dass wir zu einer anderen Erkenntnis kommen
werden“, sagte eine Mitarbeiterin gestern gegenüber den PNN. Den Wald
nicht unter Schutz zu stellen, „ist kein eklatanter Verstoß gegen die
Forstwirtschaft“, heißt es.
Das Waldstück ist Privatbesitz.
Die 14 Parzellen gehören acht Eigentümern, die einen Teil des Areals in
Bauland umwandeln wollen. Die Absicht hat die Anwohner in den
angrenzenden Straßenzügen in Alarmbereitschaft versetzt: Sie fürchten
den Verlust ihrer „grünen Oase“. Um das Wäldchen zu retten, formierte
sich eine Bürgerinitiative.
Ihre Bebauungspläne – entlang der Straßenfronten sollen Häuser
entstehen – stützen die Eigentümer auf eine notarielle Vereinbarung aus
dem Jahr 1929. Damals hatte die Gemeinde dem Eigentümer – einem
Landwirt – „die ausnahmsweise Befreiung vom Bauverbot für das
Grundstück erteilt“.
Die Bürgerinitiative hat in den
vergangenen Monaten reichlich Material gesammelt, das eine Bebauung
verhindern und den Erhalt das Waldes – am besten mit Schutzstatus –
befördern soll. So machte sie auf zwei Gerichtsurteile aus den Jahren
1997 und ’98 aufmerksam, die eine schon einmal angestrebte Bebauung des
Areals für unzulässig erklärten. Das Gericht sah die vor fast 80 Jahren
vertraglich fixierten Zusagen als verjährt. Auch eine Baulücke, wie sie
einer der Eigentümer in seinem Baubegehren zu schließen gedachte,
vermochten die Richter nicht zu erkennen. Vielmehr ließe das Waldstück
eine klare Zäsur zur benachbarten Bebauung erkennen. Zudem ermittelte
die aufgeschreckte Bürgerschaft einen Vorentwurf eines
Grünordnungsplans für Stahnsdorf, der im Jahr 2001 erstellt worden war.
Die darin betonte „hohe Bedeutung einiger Restwälder in der Ortslage
für die Wohnqualität“ in Stahnsdorf wurde auch explizit für das
Beethovenwäldchen in Anspruch genommen. Der Plan kam jedoch nicht über
das Stadium des Vorentwurfs hinaus, er wurde nie umgesetzt. Schließlich
errang die Bürgerinitiative einen Teilerfolg: Das Wäldchen wurde in
diesem Jahr von der mittelmärkischen Naturschutzbehörde vorläufig unter
Schutz gestellt – bis die Zukunft des Areals geklärt ist.
Dafür
sorgte inzwischen die Ortspolitik. Mit ihrer knappen Mehrheit in der
Stahnsdorfer Gemeindevertretung setzte die Fraktion von CDU, FDP und
Wir Vier vor einigen Wochen durch, das Beethovenwäldchen im Vorentwurf
des Flächennutzungsplans (FNP) als Bauland auszuweisen. Zudem, so die
Mehrheitsfraktion, sollte die Gemeinde ihr Einvernehmen zur
Unterschutzstellung des Waldes verweigern. Bereits im Frühjahr hatte
die örtliche CDU für einen Kompromiss plädiert: Lediglich die Bäume
entlang der Straßenfronten sollen einer Bebauung weichen, die
restlichen 75 Prozent des Kiefernbestandes können stehen bleiben. Denn
verwerten wollen die Eigentümer die Flächen auf alle Fälle – wenn nicht
als Bauland, dann durch massiven Holzeinschlag. „Mit dem Kompromiss
könnte ein Großteil des Waldes erhalten bleiben“, argumentierte
CDU-Ortschef Peter Weiß.
In dem von der Verwaltung im
Frühjahr eingebrachten FNP-Vorentwurf war das Beethovenwäldchen als
Grünfläche gekennzeichnet. Durch die erkennbare, wenn auch knappe
Mehrheit gegen diese Nutzung des Areals zog Bürgermeister Gerhard Enser
(CDU) den Vorentwurf zurück. Mit „Klarstellungen“, wie Enser sagt,
liegt das Papier nun wieder vor: Das Wäldchen ist längs der Potsdamer
Allee und der Beethovenstraße nun als Bauland deklariert.
Im
Umweltministerium genießt in diesem Fall die kommunale Planungshoheit
einen hohen Stellenwert. An die favorisierten Festlegungen im
FNP-Vorentwurf fühlt sich Behörde gebunden. Ein reiner Walderhalt, wie
ihn die Bürgerinitiative fordert, sei zudem gar nicht möglich, heißt
es. „In 30 Jahren wäre diese Maßgabe nicht mehr umzusetzen“, so eine
Mitarbeiterin. Den älter werdenden Baumbestand und das jetzige Waldbild
zu erhalten sowie die Verkehrssicherunsgpflicht zu gewährleisten, wäre
zu aufwendig. Es sei zu akzeptieren, dass die Ortspolitik offenbar
andere städtebauliche Prioritäten für das Umfeld befürworte. Auch der
Fakt, dass eine Mehrheit der Stahnsdorfer Volksvertreter einen
Schutzstatus für den Wald nicht will, sei zu respektieren.
Bei der Bürgerinitiative reagierte man gestern erstaunt und enttäuscht. Sie hat ungefähr 600 Mitglieder.